5. November 2024

Besuch Emil Gisler AG / GIPO AG in Seedorf    https://www.gipo.ch/

In der Emil Gisler AG / GIPO AG in Seedorf sind seit der Firmengründung äusserst kreative Köpfe am Werk, die für unterschiedlichste Bedürfnisse - und selbst für knifflige Aufgaben sowie in Verhandlungen mit Kontrahenten – erstaunliche Lösungen finden. Heute werden in Seedorf Maschinen und Technologien für die Bau, Bergbau- und die Recyclingindustrie hergestellt und auf spezifische Kundenbedürfnisse angepasst. Die Angebote der Emil Gisler AG (Hersteller) und GIPO AG (Vertrieb) finden Interessierte unter https://www.gipo.ch/.  

Vor über 50 Jahren tüftelte Emil Gisler (1944 – 2017) an einer ersten Maschine. Was 1973 als Einmannbetrieb begonnen hatte, entwickelte sich innerhalb von rund 50 Jahren zu einem weltweit tätigen Unternehmen. Emil Gisler war ein Pionier und hat die weltweit erste raupenmobile Steinbrechanlage auf den Markt gebracht. Darauf folgte die Weiterentwicklung von Bearbeitungssystemen für unterschiedliche Primärgesteins- und Recyclingprodukte. Gislers Unternehmererfolg startet während dem Bau des doppelröhrigen Seelisberg-Tunnels (9292 Meter lang, erbaut 1971 – 1980).

Seit dem Tod des Firmengründers (2017) ist das Unternehmen im Besitz seiner Töchter Claudia Gisler und Sabine Arnold-Gisler und wird von diesen, zusammen mit Karl Gasser als CEO, geführt. Das Unternehmen gehört zu den grössten Arbeitgebern im Kanton Uri. In Seedorf wird auf einer Produktionsfläche von 40'000 m2 gearbeitet. 10 – 20 % der Maschinen werden für den Schweizer Markt hergestellt und der Rest wird exportiert. Der Produktionsschwerpunkt liegt bei raupenmobilen und stationären Aufbereitungsanlagen, die auf der ganzen Welt im Einsatz stehen. Im Laufe der Jahre ist es der GIPO gelungen, auf allen Kontinenten Vertriebs- und Händlernetze aufzubauen. Im Exportgeschäft stellen sich aber auch knifflige Herausforderungen, vor allem durch extreme Temperaturunterschiede zwischen 50° plus (z.B. in Dubai oder Angola) und 50° minus (z.B. in Sibirien). Ein Beispiel: Im Norden Russlands müssen Maschinen wegen der Kälte rund um die Uhr am Laufen gehalten werden. In ganz Russland sind mehr als 100 GIPO-Maschinen mit bis über 100'000 Betriebsstunden im Einsatz, für deren Bedienung und Wartung Einheimische vor Ort ausgebildet wurden.

GIPO Aufbereitungsmaschinen bestehen vorwiegend aus Stahl, benötigen extrem viele Schweissarbeiten, mechanische Bearbeitungsschritte sowie den fachmännischen Zusammenbau, sie sind bis zu 220 Tonnen schwer und werden von Motoren bis zu mehreren Hundert PS angetrieben. Ergo können die schweren Maschinen nur als Schwertransporte auf Tiefladern befördert werden, wobei wegen der Belastung von Strassen und Brücken innerhalb der Schweiz und Europa ein Maximalgewicht von ca. 70 Tonnen Ladungsgewicht eingehalten werden muss. Grosse Maschinen müssen daher zerlegt und in Etappen transportiert werden. Zusammengebaut werden sie erst am Bestimmungsort.

Auch sind auf allen aktuell grössten Tunnelbaustellen in Europa wie an der zweiten Gotthardröhre in der Schweiz, am Eisenbahntunnel zwischen Frankreich und Italien (Lyon – Turin) sowie am weltweit längsten Bahntunnel (am Brenner-Tunnel) zwischen Österreich und Italien, zahlreiche GIPO Brechanlagen im zuverlässigen 24/7-Einsatz.

Seit 2018 kann der Balkan-Markt aus Kroatien bedient werden. Diese Entstehungsgeschichte ist interessant: Schweisser zu finden, war schon immer schwierig. Während des Seelisberg-Tunnelbaus gelang es Gisler, ein paar gute Schweisser aus Kroatien zu rekrutieren. Die Besten unter ihnen wurden dann in Seedorf für eine Werksführung aufgebaut und ausgebildet, sodass 2018 in Senj, im Kroatien, eine eigene Tochtergesellschaft gegründet werden konnte, um für den lokalen Markt den notwendigen Vertriebs- und Servicestützpunkt mit einem eigenen Werkstandort und 75 Mitarbeitenden auszubauen. Von Senj aus kann der Markt auf dem gesamten Balkangebiet und Ost-Europa, inkl. allen Unterhalts- und Servicearbeiten, lokal und effizient abgedeckt werden.

Hersteller der GIPO-Maschinen ist nach wie vor die Emil Gisler AG und Gisler Power (GIPO) steht für den weltweiten Vertrieb. Alle GIPO-Maschinen werden in Seedorf von 250 Fachkräften bis ins letzte Detail konstruiert und gefertigt. Im Team der Konstruktionsabteilung arbeiten rund 25 Leute, vom Konstrukteur über Maschinentechniker bis zu den Ingenieuren.

Nebst der Neuanlagen-Herstellung und dem Vertrieb werden auch Gebrauchtanlagen wieder revidiert und so als werksrevidierte Occasions-Anlagen weiterverkauft und wieder in den Markt zurückgebracht.

Probleme punkto Lieferfristen und Kosten können weltweite Rohmaterial-Lieferengpässe verursachen, die sich besonders seit der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine verschärft haben. Zudem hat sich die Weltwirtschaft stark verändert und neue Player haben sich auf dem Markt etabliert. Deshalb ist GIPO in den Vertrieb mit ergänzenden Handelsprodukten eingetreten, Sieb- und Nassaufbereitungstechnik McCloskey sowie Bohrgeräte Hyundai, um den lokalen Kundenabsatzmarkt mit dem eigenen bewährten GIPO-Vertriebs- und Servicesupport zu bedienen. Die Stärke von GIPO ist und bleibt aber die hohe Innovationskraft zur Herstellung ihrer eigenen GIPO-Maschinen, die stets auf spezifische Bedürfnisse von Kunden ausgerichtet sind. Zudem ist GIPO bekannt für den hohen Grad an Qualität, Dienstleistungen und Service, was die unübertreffliche Verfügbarkeit des Anlagenbetriebs zum grossen Vorteil für den Kunden macht.

Seit jeher legt die GIPO grossen Wert auf die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. In Seedorf absolvieren derzeit 18 Lernende einen Beruf in 11 verschiedenen Berufen. Alle Lehrlinge profitieren von einer äusserst vielseitigen Ausbildung, denn die Lernenden werden sporadisch (jeweils 1 – 2 Monate) auch unter Urner Ausbildungsbetrieben ausgetauscht, was nicht nur die fachlichen Kenntnisse, sondern auch die Sozialkompetenzen fördert. Zudem werden in der Emil Gisler AG weiterbildungswillige Berufsleute aktiv unterstützt und gefördert.

Und noch dies: Zwecks Erweiterung, d.h. zur Erstellung einer weiteren Halle (2019) war der Zukauf von zusätzlichem Boden notwendig. Dieser gehörte allerdings einer Stiftung bzw. befand sich in der Landwirtschaftszone. Ein Problem? Ja – aber die kreativen und verhandlungsgeschickten Köpfe von der GIPO fanden in diesem Dilemma eine überraschende Lösung. Ihnen gelang ein Deal der Extraklasse, der hier aber nicht näher umschrieben wird.

Wer beim GIPO-Besuch dabei war, hat über die GIPO-Geschichte alles Wesentliche erfahren und konnte während der Führung von Kari Gasser von interessanten und lehrreichen Insider-Informationen profitieren. Insofern war unser Besuch bei der GIPO ein echtes Highlight! Und zum Abschluss erhielten alle Besucher auch noch je eine Geschenktüte mit einigen sehr nützlichen Gegenständen. Wir sagen vielen herzlichen Dank!

Nachfolgend ein paar Eindrücke in Bildern


Bei der Einfahrt zur GIPO thront auf einem pyramidenförmigen Betonsockel als Denkmal die erste von Gisler hergestellte raupenmobile Brechanlage – d.h. die allererste raupenmobile Brechanlage der Welt – erbaut von Emil Gisler (1944 – 1017) zusammen mit Fritz Bilger (1935 – 2008).

Heute werden sehr viel grössere Anlagen gebaut. Diese «GIPO 130» (nur etwa die Hälfte der Gesamtlänge ist hier sichtbar) ist für Luxembourg bestimmt, wird 100 Tonnen schwer und muss für den Transport in Teile zerlegt werden, zwecks Einhaltung der 70 Tonnen Maximallast. 


Jährlich werden in Seedorf rund 4000 Tonnen Stahl verarbeitet, in Stärken von 3 bis 300 mm. Alle Arbeitsbereiche sind riesengross und mit komplexen Krananlagen zum Heben und Verschieben der schweren Komponenten ausgerüstet.

Hier werden unterschiedlichste Motoren und weitere Maschinenteile gelagert, sodass möglichst jederzeit genügend Materialien für neue oder gebrauchte Anlagen sowie für Reparaturen zur Verfügung stehen.


Hier sehen wir die riesige und beeindruckende Seitenwand eines GIPO-Prallbrechers in der Schweissabteilung.

CEO Kari Gasser hat uns umfassend informiert, durch alle Produktionshallen geführt und all unsere Fragen kompetent beantwortet. Vielen herzlichen Dank!