14. Juni 2022 - Gasser Felstechnik AG / TechnoTunnel / Brünig Indoor
https://www.felstechnik.ch/
https://www.bruenigindoor.ch/de/
Grundstein zur 100-jährigen Firmengeschichte legte der in Lungern geborene und aufgewachsene Karl Gasser-Meier im Jahr 1922. Seine Freude am Bauen mit Natursteinen führte zur Gründung eines Handwerksbetriebs, damals als Kombination von Spezialtiefbau und Natursteinarbeiten inkl. Sprengarbeiten im Untertagbau. 1956 übertrug der Gründer die Geschäftsleitung an seinen Sohn Karl Gasser-Gasser, 1992 übernahm dessen Sohn Thomas Gasser-Gasser das Zepter. Dieser ist immer noch aktiv, hat aber bereits 2017 sämtliche Aktien an seine Kinder Mira, Sebastian und Ambros Gasser übertragen, die in vierter Generation im Unternehmen tätig sind.
Zum 100-Jahr-Jubiläum finden diverse Feierlichkeiten statt. Bereits eingeweiht wurde ein grosszügiger Kinderspielplatz am See, als Geschenk von der Firma Gasser an die einheimische Bevölkerung. Am 30. Juni ist ein erstes grosses Fest mit 450 Personen geplant und im ersten Juli-Wochenende ein zweites.
Das Unternehmen gewann im Laufe der Jahrzehnte diverse Unternehmer- und Innovations-Preise, ist seit über 20 Jahren ISO-zertifiziert, beschäftigt rund 320 Mitarbeitende, erarbeitet einen Umsatz von jährlich rund 70 Millionen Franken und besitzt das grösste zivile Sprengstofflager in der Schweiz. Gasser macht Gebäude und Berge sicher und bildet junge Leute in folgenden Berufen aus: Maurer (mit der Option diverser Spezial-Zusatzausbildungen), Grundbauer, Baumaschinenmechaniker, Fachmann Betriebsunterhalt, Logistiker, Elektriker und Kaufmann. Im Gastrobereich werden auch Köche und Serviceangestellte ausgebildet.
Rund 70 % der Belegschaft werden in Lungern von eigenen Leuten für die besonders anspruchsvollen Aufgaben im Tiefbau weitergebildet, d.h. zu Spezialisten für den Sprengbetrieb, Arbeiten unter engsten Platzverhältnissen, Steinbruchbewirtschaftung und Hangsicherungsarbeiten. Für die Zusammenarbeit mit der SBB ist eine weitere Zusatzausbildung nötig.
Gasser ist denn auch europaweit bekannt für Sofortmassnahmen, wenn Felsbrocken ins Tal donnern, besonders wenn dadurch Bahnschienen und/oder Strassen verschüttet werden. Solche Katastropheneinsätze erfordern von spezialisierten Mitarbeitenden höchste Flexibilität, denn Spreng- und Felssicherungs-Spezialisten müssen jederzeit zum Soforteinsatz aufgeboten werden können. Zudem stehen in der Materialdisposition (mit Hochregallagern) ganzjährig und rund um die Uhr Einsatzkräfte bereit. Und für den Transport von Material und Einsatzkräften zum Ereignisort steht auf dem Gelände ein Helikopter-Landeplatz zur Verfügung. Nach jedem Ereignis erarbeiten Experten des Gasser-Engineerings Lösungen für eine dauerhafte Sicherung der gefährdeten Zone, um weitere Schäden möglichst zu vermeiden.
Gasser bietet seinen Kunden eine erstaunliche Palette von Hoch- und Tiefbauarbeiten, insbesondere für heikle und gefährliche Arbeiten unter erschwerten Bedingungen unter Tag bis ins hochalpine Gelände. Dazu gehören vor allem Sicherheitssprengungen zur Beseitigung von Felssturzrisiken aber auch Baugrubensicherungen, Bohrungen und Pfählungen in felsigem Untergrund. Für Laien sind natürlich jene Arbeiten interessant, die von aussen gar nicht sichtbar sind. Dazu gehören der Stollen- und Tunnelbau, Vertikal- und Schrägschächte, Tunnelsanierungen oder auch unterirdische Hauszugänge an steilen Hanglagen mit horizontalen Zugangsstollen und vertikalen Liftschächten in darüberliegende Gebäude.
Gasser verfügt über 100 Fahrzeuge. Nebst LKWs gibt es einen Spezialtransporter für Sprengstoffe sowie ein von Gasser selbst entwickelter Bohrlastwagen für Bohrhammerarbeiten an steilen Felswänden. Alle Fahrzeuge werden in der eigenen Lackieranlage gespritzt. Zudem gibt es Waschanlagen für Lastwagen und PWs sowie Reparaturwerkstätten. Und tief im Felsen, unter dem Brünig, 150 Meter vom Tunneleingang entfernt, lagern in zwei relativ weit voneinander getrennten Kavernen die Sprengstoffe.
Jedes Jahr, jeweils im Januar, ruht bei Gasser die normale Arbeit zwei Wochen lang. In dieser Zeit werden sämtliche Fahrzeuge gewartet. Ebenfalls im Laufe der zwei Wochen findet die jährliche Schulung in Erste Hilfe statt, an der alle Mitarbeitenden teilnehmen müssen.
Brünig Park https://www.bruenigpark.ch/
Vor dem Hauptzugang zum Brünig Park stehen mindestens 100 Parkplätze zur Verfügung. Der unterirdische Park besteht aus einem Labyrinth von Tunneln für unterschiedlichste Zwecke und Veranstaltungen. Nebst der Schiessanlage Brünig Indoor gehören zum Brünig Park der Technotunnel sowie Räume für Anlässe bis zu 560 Personen (Bankette, Seminare, Workshops, Theater, Konzerte usw.) und im Gastrobereich gibt’s die romantisch beleuchtete Felsenbar, einen rustikalen Cheminée-Raum und das weit herum bekannte und beliebte Restaurant Cantina Caverna mit 100 Sitzplätzen.
Brünig Indoor
Initiator für eine Schiessanlage im Felsen des Brünig war Thomas Gasser (Vater der heute führenden Generation). Dieser wurde ob seiner Idee belächelt und niemand glaubte an den Erfolg des Projekts. Thomas Gasser hat seine Idee trotzdem umgesetzt. Heute werden die Trainingsstollen für Schiessübungen in diversen Distanzen, bis hin zu einer 300-Meter-Schiessanlage, jährlich von über 30'000 Personen besucht. Hier trainieren aus nah und fern Hobbyschützen, Polizisten, Sicherheitsleute, Jäger und ganze Schützenvereine.
TechnoTunnel
Der TechnoTunnel (mit diversen Kavernen) dient für Schulungen sowie als Versuchsstollen für Forschung und Entwicklung, Prüfungen an speziellen Geräten, Anlagen und Materialien. Die Kavernen des TechnoTunnel können auch als Gestaltungsraum für Präsentationen und spezielle Events genutzt werden. So z.B. für Konzerte oder Theater.
Ein Highlight fand im Sommer 2012 statt (zum 10 Jahre Jubiläum von Brünig Indoor), mit Wintersport mitten im Sommer. Bei Aussentemperaturen von 30° wurde ein Biathlon-Wettkampf durchgeführt – auf Schnee vom Vorwinter, der mit einer Schneekanone produziert wurde und vorher ein paar Monate lang draussen unter Sägemehl zwischengelagert worden war. Rund 500 Gäste nahmen an diesem Event teil. Auf Youtube gibt’s darüber einen kurzen Film. Siehe https://www.youtube.com/watch?v=3E5F2Ryp8q4
International Fire Academy (ifa)
Nach verheerenden Autotunnel-Bränden, speziell jenem im Gotthard-Strassentunnel, vom 22. Oktober 2001, bei dem 11 Menschen sterben mussten, wurde die Idee eines Übungsstollens zur Brandbekämpfung und Personenrettung entwickelt und rasch realisiert. In jener Zeit begann auch das ASTRA mit dem Bau von Sicherheitsstollen entlang von Strassentunnels (Rettungsstollen für Personen).
Der spezielle Trainingstunnel unter dem Brünig ist 150 Meter lang und entspricht den Dimensionen aller grossen Strassentunnels. Simuliert werden realitätsnahe Verhältnisse, wie sie bei einem Brand vorkommen können. So stehen vor dem eigentlichen Brand (gasbefeuerter Vollbrand eines Fahrzeugs) zahlreiche Autos, wie in einem Ereignisfall. Die Übungsleitung gibt das Einsatzkommando, mit ersten Informationen über die zu erwartende Situation im Tunnel.
Nach Lungern kommen Feuerwehrleute aus der ganzen Welt, um Tunnelbrand-Trainings durchzuführen. Vor Corona war sogar eine Gruppe aus China für eine Trainingswoche in Lungern.
Zukunftsprojekt Mega Safe
Gasser Felstechnik ist bekannt für innovative Ideen. So soll unter dem Brünig eine Kaverne als Tresor der Superlative entstehen – zur absolut sicheren Lagerung wertvoller Gegenstände vor Naturkatastrophen, Diebstahl, Vandalismus oder Brand. Einzelne Tresorlager würden nach Kundenwünschen und Bedürfnissen erstellt und ausgebaut, in Grössen von 100 bis 100'000 Kubikmetern und bis zu 90 Meter hoch.
Schlusswort
Wir wurden von Urban Hüppi durch die verschiedenen Betriebsbereiche geführt und informiert. Leider waren wir in Lungern nur eine ungewohnt kleine Gruppe. Beim abschliessenden Apéro und Nachtessen diskutierten wir noch lange über das interessante Unternehmen. Dabei fielen Ausdrücke wie «überwältigend», «imposant», «atemberaubend» und Beat Arnet schrieb im Mail, mit dem er mir seine Fotos vom Rundgang schickte: «Es war eine eindrückliche Besichtigung bei Gasser Felstechnik, eine Firma mit einer überraschend vielseitigen Tätigkeit! Alle die nicht dabei waren, haben etwas verpasst!»
Nachfolgend ein paar Bilder von unserem Rundgang
Hier ein kleiner Teil des Werkareals, ausserhalb des Dorfkerns von Lungern, direkt neben den hohen angrenzenden Felsen des Brünigmassivs.
Der Hauptzugang zu den verschiedenen Tunnelanlagen (Technotunnel, Brünig Indoor und Gastrobetriebe) mit teils riesigen Kavernen für unterschiedlichste Anlässe.
Hier stehen wir im TechnoTunnel, noch leicht in Rauch gehüllt von einem Trainingstag mit Feuerwehrleuten aus der Westschweiz.
Im TechnoTunnel wird ein echter Autobrand simuliert, bei 600 Grad Hitze, mit viel Rauch und vielen Autos vor und nach dem Brandherd.
Blick in die romantisch beleuchtete Felsenbar, welche von kleineren Besuchergruppen gern als Apéro-Bar benützt wir.
Blick in die Cantina Caverna mit 100 Sitzplätzen, und einem leicht erhöhtem Zusatzraum (im Hintergrund) für kleinere Gesellschaften.
Künstlerinnen und Künstler, vorwiegend aus Obwalden, haben Gelegenheit ihre Kunstwerke im langen Zugangsstollen zu präsentieren, wie auf diesem Werbeplakat angekündigt.
Nach der sehr informativen Führung durch Urban Hüppi (zweiter von rechts) übergibt ihm Anita dankend ein kleines Präsent.
Text Anita Herzig
Bilder Beat Arnet