12. März 2025
Besuch bei Rogenmoser Metzgerei / Partyservice , Baar rogenmoser.ch
Am Tag, der in die Baarer Geschichte eingehen wird, haben wir einen Baarer Betrieb besucht. Nur wenige Stunden vor unserem Betriebsbesuch wurde Martin Pfister aus Baar vom Parlament in Bern in den Bundesrat gewählt.
Christian Rogenmoser haben wir als leidenschaftlichen und überaus kreativen Unternehmer kennengelernt. Er übernahm im Jahr 2002 den von seinen Eltern Karl und Margrit Rogenmoser 1972 gegründeten Betrieb. Seit dem Jahr 2009 befindet sich das Fachgeschäft an der Dorfstrasse und die Produktion an der Marktgasse, wo sich früher auch die Wohnung der Familie Rogenmoser befand (im Obergeschoss). Im diesem ursprünglichen Betrieb ist heute die Produktion und die einstige Wohnung wurde 2012 in Büros und Aufenthaltsräume fürs Personal umfunktioniert. Gleichzeitig wurde auch die Produktion umfassend erneuert. Im Untergeschoss werden sogar eigene Spezialitäten aus rohem Fleisch geräuchert und/oder getrocknet, z.B. Rohschinken, Mostbröckli und Salami.
Seit der Betriebsübernahme durch Christian wurde in allen Betriebsbereichen laufend investiert und modernisiert. 2018 wurde ein zweites Fachgeschäft in Küssnacht eröffnet, und 2023 übernahm Rogenmoser die Metzgerei Limacher in Hünenberg als dritten Standort. Heute beschäftigt Rogenmoser über 30 Leute (20 gerechnet auf Vollzeitstellen) und 5 Lehrlinge. Rund 2/3 des gesamten Umsatzes wird in den Fachgeschäften erzielt, 1/6 in der Gastronomie und 1/6 im Catering.
Die Angebots-Vielfalt bei Rogenmoser ist enorm: Nebst Fleisch- und Wurstwaren (davon wird alles selber produziert, portioniert und Würste werden gesotten, getrocknet, geräuchert) gibt es zahlreiche eigene Dip-Saucen (davon werden vor Weihnachten bis zu 1,5 Tonnen verkauft), diverse Salate in Schalen und sogar Produkte für Veganer – alles frisch aus der Rogenmoser-Gastronomieküche (250 Stellenprozente). Sogar den Käse zum Grillen stellt Rogenmoser selber her. Eine beliebte und weit herum bekannte Wurst-Spezialität, die nur Rogenmoser herstellen darf, ist die Zuger Chriesiwurst (leicht süsslich durch die Beigabe von entsteinten und getrockneten Kirschen). Davon gibts eine Variante zum Grillieren und eine zum Sieden, die sich in Geschmack und Aussehen unterscheiden.
Zugekauft wird lediglich Fisch und im Herbst frisches Wildfleisch, ebenso Obst, Früchte, Gemüse, Eier, Brote, Milch, Rahm, Joghurts, Öle, Weine, Spirituosen, Teigwaren usw., alles von einheimischen Lieferanten. Eier und Käse kommt in allen drei Läden von benachbarten Produzenten. Kurz: Bei Rogenmoser gibt es alles für den täglichen Bedarf für Kunden, die einheimische und frische Produkte zum Genuss und für eine ausgewogene Ernährung schätzen.
Zur Bewältigung grosser Party- und Catering-Aufträge lagert bei Rogenmoser eine Riesenmenge von Material: Geschirr, Besteck, Gläser, Grills in div. Grössen inkl. Tischgrills, Tatarenhüte usw. Zudem kann Rogenmoser auch stets auf von ihm geschulte externe Fachleute zurückgreifen und diese für spezielle Anlässe aufbieten. Jährlich gehen Monate zum Voraus eine Vielzahl von Reservationen für bevorstehende Festlichkeiten inkl. Grill-Partyservice ein. Die Bewältigung von mehreren Festlichkeiten am gleichen Datum ist da logistisch natürlich äusserst anspruchsvoll.
Christian Rogenmoser legt bei seinem Personal höchsten Wert auf Fachwissen und gute Kochkenntnisse, d.h. umfassendes Knowhow punkto Zubereitung von Speisen, zwecks optimaler Kundenberatung und -Bedienung in seinen Fachgeschäften. Christian Rogenmoser ist äusserst kreativ, wenn es um die Pflege der Kundschaft und die Kundenbindung geht. So erhalten Privatkunden für ihre Einkäufe z.B. eine handliche Kühltasche und ab einem 40-Franken-Einkauf gibts einen Grill-Gutschein. Jeden Samstag wird auf dem wettergeschützten Platz, vor den Fachgeschäften, grilliert. Hier können Passanten Grillwürste oder Hamburger kaufen bzw. ihre Grillgutscheine einlösen. An Samstagen werden bis zu 700 Würste gegrillt.
Rogenmoser schreibt auch sporadisch Wettbewerbe aus, um spezifische Wünsche und Zubereitungsarten für bestimmte Fleischwaren aus der Bevölkerung zu erfahren. Eingereichte Vorschläge werden dann in der eigenen Gastronomie-Küche gemäss Rezeptvorschlag des Wettbewerbsteilnehmers ausprobiert und bei positiver Bewertung künftig der Angebotspallette in den Läden zugefügt.
Produktion an der Marktgasse 16 in Baar
Rogenmoser kauft lebende Tiere direkt von Bauern, die er persönlich kennt und wo er sieht, wie Tiere gehalten werden, was sich letztlich auf die Fleischqualität auswirkt. Danach werden gekaufte Tiere im Schlachthaus für Rogenmoser geschlachtet, geteilt in Hälften und grössere Tiere in Viertel, und Rogenmoser holt diese mit eigenen Fahrzeugen ab.
Für die Verarbeitung und Zubereitung des riesigen Rogenmoser-Sortiments wurde im Laufe der Jahre viel in Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Verpackungsvarianten etc. investiert. Ebenso in eine ausgeklügelte Software für eine kostengünstige und vor allem effiziente Abwicklung aller Bestellungen (von den drei eigenen Fachgeschäften sowie von der Gastronomie und acht Altersheimen).
In der eigenen Gastronomieküche werden ganze Menüs mit allen nötigen Komponenten zubereitet. Da wird auch an neuen Rezepten getüftelt und Varianten aus Wettbewerben werden probegekocht. Fleischwaren sind punkto Hygiene anspruchsvoll und zeitlich nur beschränkt haltbar. Daher müssen alle Prozesse schnell und reibungslos funktionieren. Jeden Abend oder nachts bestellen Stammkunden (und auch die eigenen Standort-Leiter) ihren prognostizierten Bedarf für den Folgetag. Bestellungen gehen vorwiegend per Mail oder Fax ein und ab 5 Uhr morgens werden diese gerüstet, verpackt und bereits ab 7 Uhr nach möglichst optimalen Fahrrouten ausgeliefert. Bei der enormen Vielfalt der Angebote ist diese Effizienz höchst erstaunlich.
Warum gibt es immer weniger Metzgereien?
In der Schweiz verschwinden seit Jahren immer mehr Metzgereien. Christian Rogenmoser kennt einige Gründe: In erster Linie fehle es an willigen Nachfolgern, egal ob aus der eigenen Familie oder allfälligen Kaufinteressenten. Das hänge auch mit den Standorten und Einrichtungen in bestehenden Metzgerei-Liegenschaften zusammen. Früher hätten Metzger in den eigenen Liegenschaften sowohl gearbeitet als auch gewohnt. Das heisst, in Wohngebieten wurden Tiere geschlachtet, dann verarbeitet und verkauft. Und im gleichen Gebäude wurde auch gewohnt. Das geht heute nicht mehr.
Nachfolgend weitere Fakten zum Metzgereisterben: Bereits seit 2001 erschweren neue Gesetzesvorschriften die Existenz der Metzger. Ein paar Beispiele: Konnten früher Tierabfälle an Schweine verfüttert werden, ist das seit 2001 verboten. Abfälle müssen spezialisierten Firmen zur Entsorgung überlassen werden – ein Kostenfaktor! Und weil die Anlieferung von Tieren zum Schlachten lärmintensiv ist, trat 2003 ein neues Tierschutzgesetz in Kraft. Dieses soll sicherstellen, dass Tiere unter artgerechten Bedingungen geschlachtet werden, um einerseits das Wohl der Tiere, aber auch die Lebensqualität der Anwohner zu schützen. Deshalb werden Tiere seit über 20 Jahren nur noch ausserhalb von Wohnzonen in grösseren Schlachthöfen geschlachtet und das Fleisch in Hälften, Vierteln, in einzelnen Stücken oder als fertige Würste oder Halbfabrikate an Metzgereien verkauft.
All die neuen Vorschriften (ab 2001) führten dazu, dass vielerorts kaum mehr investiert wurde, weshalb viele Metzgereien – meist im Zusammenhang mit der Pensionierung bisheriger Inhaber – mangels Nachfolge-Interessenten geschlossen wurden. Zwar werden nach wie vor knapp genügend Metzger (neue Berufsbezeichnung: Fleischfachmann/-frau) ausgebildet, aber die jungen Leute bevorzugen nach Abschluss der Ausbildung Jobs, in denen sie nicht morgens um 5 Uhr Fleisch verarbeiten müssen, damit dieses bis zu Ladenöffnungszeiten bereitliegt.
Eine einzelne Metzgerei rentabel zu betreiben sei heutzutage in schwieriges Unterfangen. Selbst bei Rogenmoser, mit drei Fachgeschäften (Baar, Hünenberg, Küssnacht) bleibe die Gewinnmarge dünn, denn vom Umsatz entfallen 50 % auf Material- und 30 % auf Lohnkosten. Dazu kommen hohe Kosten für die tägliche Reinigung einerseits und die kostspielige Entsorgung von Fleisch- und Knochenabfällen andererseits. Bei Rogenmoser werden Fleischabfälle in verschlossenen Metalltanks gekühlt gelagert. Diese Tanks werden regelmässig durch einen zertifizierten Schlachtabfallentsorgungsbetrieb abgeholt. In spezialisierten Firmen wird aus den Abfällen Tiermehl hergestellt, das weiter genutzt werden kann, aber strengen Vorschriften unterliegt – und dem Metzger Kosten verursacht.
Nachfolgend ein paar Bilder von unserem Besuch:
Vor dem Baarer Fachgeschäft steht eine buntbemalte Kuh und direkt dahinter können Passanten an Samstagen, vor Wind und Wetter geschützt, Grillwürste oder Hamburger kaufen bzw. ihre Grillgutscheine einlösen. Je nach Wetter und Jahreszeit werden bei Rogenmoser an Samstagen bis zu 700 Würste gegrillt.
Im Fachgeschäft von Rogenmoser in Baar (ebenso in Hünenberg und Küssnacht) finden Kunden nebst Fleisch- und Wurstwaren eine Vielzahl erlesener Produkte von einheimischen Produzenten. Kunden werden wie Könige behandelt. Auch wir vom UNS. Begrüsst werden wir mit einer köstlichen Apéro-Platte.
Hier zeigt uns Christian Rogenmoser, wie die Tierhälften bzw. Tiervierteil, hängend via Stahlschiene, vom Kühlraum zur Verarbeitunsbank gelangen, wo frisches Fleisch verarbeitet wird. Täglich arbeiten an der Bank drei Metzger und ein Lehrling. Das verwertbare Fleisch eines Schweins beträgt ca. 50 kg von 100 kg Lebendgewicht und beim Rind sind es 180 kg von 500 kg Lebendgewicht.
Im Verarbeitungsraum werden auch Brüh-, Koch- und Rohwurstwaren sowie Koch- und Rohpökelwaren aus dem Fleisch verschiedener Tierarten hergestellt. In einer blitzblank sauberen Stahlmaschine (Kutter, sh. Ecke links hinten) werden alle Zutaten für eine bestimmte Wurstsorte zerkleinert und gemischt. Dann wird die Masse in den Trichter der Wurst-Portionierungsmaschine (Füller, sh. nächstes Bild) umgeladen.
Im Füller werden Würste portioniert, d.h. die Wurstmischung wird auf das nötige Gewicht genau portioniert in einen Naturdarm gepresst, dann durch automatisches Abdrehen (oder Cervelats mit einer Klammer) von der nächstfolgenden Wurst getrennt. Bauernbratwürste bleiben roh, dagegen werden z.B. Kalbsbratwürste, Wienerli und Cervelats in Kochkesseln gekocht. Jährlich werden hier rund 65 Tonnen Wurstwaren produziert.
Zum Abschluss der Führung wurden wir reich beschenkt, mit einer Klarsicht-Tasche, gefüllt mit frischen Rogenmoser-Wurstwaren. Schade, dass nicht mehr Unternehmer dabei waren. In kleineren Betrieben werden wir meist vom Inhaber geführt und erfahren viele Branchendetails und Praktiken, die uns Ideen für die eigene Unternehmung liefern. Wir danken Christian Rogenmoser sehr herzlich für die überaus interessante Führung, die vielen Informationen und letztlich für die grosszügigen Wurst-Geschenke.
Text Anita Herzig
Fotos Hansruedi Rechsteiner